von Klaus-Peter Esser und Steffen Neiß:
Teil 6: Organisatorische und technische Erfolgsfaktoren von Remote Leadership
Nun wollen wir noch einen Blick auf die ganz praktischen bzw. organisatorisch/technischen Aspekte von Remote Leadership werfen: Es geht schlicht um die Frage, worauf es bei den „virtuellen Meetings“ eben auch ankommt. Fast alles sind Elemente, die auch in Präsenz-Settings hilfreich und bekannt sind, aber eben in den digitalen Räumen plötzlich eine besondere Wichtigkeit bekommen. Was hat „Kultur“ (und damit Aufmerksamkeitsmanagement) nun mit „Spielregeln“ zu tun? Spielregeln sind der organisatorische Ausdruck von Kultur. Sie werden von Führungskräften viel zu wenig als konkretes Gestaltungsinstrument für die Implementierung der für sie wichtigen Kultur genutzt. Viele Führungskräfte trauen sich schlicht nicht, sie zu „setzen“ und dann auch konsequent einzufordern. Wir greifen die aus unserer Erfahrung wichtigsten heraus:
- Spielregeln müssen vereinbart werden (idealerweise werden sie gemeinsam in einem kleinen Workshop entwickelt).
- Sie müssen schriftlich vorgestellt und am Anfang des virtuellen Meetings im Screensharing (immer wieder einmal) gezeigt und ggfs. auch (wenn sie schon „eingerissen“ sind) neu vereinbart werden.
- Wichtig: Diese müssen konsequent nachgehalten werden, sonst reißen sie erfahrungsgemäß immer mehr ein. Am Ende halten sich nur noch die Regelbewussten daran und ärgern sich – meist unausgesprochen – dass anderen von der Führungskraft gestattet wird, die Regeln zu brechen. Dies bringt schleichend zunehmendes „konfliktäres Hintergrundrauschen“ und untergräbt die Loyalität zur Führungskraft – abgesehen von den Konsequenzen für den professionellen Ablauf des Meetings. Dies erfordert manchmal Mut und Konfliktbereitschaft!
- Wo technisch irgend möglich: „Alle Kameras bleiben von Beginn an“. Kameras werden aus unterschiedlichsten Gründen (technische – z.B. angeblicher Bandbreiten-Engpass, persönliche (verschlafen, ungeschminkt, Jogginganzug/Pyjama, Kinder, unaufgeräumtes Zimmer, etc.) zunehmend ausgelassen bzw. schon von Beginn an gar nicht mehr eingeschaltet. Gerade in digitalen Settings muss aber wenigstens das visuelle Zusammensein / sich Sehen können unbedingt aktiv bleiben ==> Bindungsmanagement.
- Stummschaltung des eigenen Mikrofons ist Standard – Klospülungen und Kindergeschrei im Hintergrund sind für den Teilnehmer schon störend genug – die elektronische Verstärkung im Meeting muss nicht auch noch sein.
- Pünktlichkeit: Bei (digital viel häufiger notwendigen, kleinen) Pausen und verabredeten Wiederanfangs-Zeiten: Es sollte explizit verabredet werden, zu einer „geplanten Zeit“ tatsächlich zurück zu sein und nicht erst „anzufangen“, zurück zu sein (Stichwort „oh – ich muss ja noch auf die Toilette“)
- Schweigen bedeutet: „Ich bin einverstanden“. Die Konsequenz dieser Regel sollte gerade in Entscheidungsphasen noch einmal durch die Führungskraft in Erinnerung gerufen werden: „Wenn wir das jetzt so entscheiden heißt das, dass diese Team-Entscheidung anschließend von jedem im Team als Commitment mitgetragen und vertreten wird“. Gerade in digitalen Räumen ist die Gefahr des „Schweigens ohne Zustimmung“ dramatisch höher!
- Brechen Sie mit der Multitasking-Mär: Volle Konzentration auf den Workshop – keine parallele Bearbeitung von Mails, keine nicht workshop-bezogene Kommunikation, keine Hintergrundarbeit, keine externen Störungen. Auch hier muss freundlich, aber bestimmt (und konsequent!) eingegriffen werden – und sei es durch eine Nachfrage. Bei angeschalteter Kamera sind solche Phänomene übrigens für einen aufmerksamen Beobachter meist an Gesicht und Augen deutlich erkennbar – die Führungskraft muss nur wiederum den Mut aufbringen hier klar und wertschätzend einzugreifen.
- Daher am Ende von besprochenen Themen immer wieder einzelne Mitarbeiter*innen aktiv ansprechen (wechselnd), das Besprochene noch einmal zusammenzufassen lassen ==> Aktivierung der Mitarbeiter*innen und Reduzierung von Multitasking (ist ein Kulturthema in der Verantwortung der Führungskraft!)
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